Schwäbische Zeitung, Februar 2016


Schwäbische Zeitung, Februar 2016

Bissig-freche Satire vom Feinsten

In seinem sechsten Soloprogramm "Ehrlich" hat Kabarettist Helmut Schleich schonungslos und offen den Schleier von Taten und Aussagen der Mächtigen in Gesellschaft und Politik gezogen.

Mit geballter Ausdruckskraft in Gestik und Diktion fesselte er die Zuhörer in der fast vollen Stadthalle in einer zweistündigen Bühnenshow von der ersten bis zur letzten Sekunde. Sein Sprachwitz, seine Wortschöpfungen und seine bissige Satire sind mit das Beste, was in diesem Genre momentan zu hören ist. Dazu trägt auch wesentlich seine Wandlungsfähigkeit bei: Einmal ist er die naiv ehrliche im Knast einsitzende "Bestie von Doddlbach", dann der einfache Stammtischbruder, der weltgängige Heinrich von Horchen, Gesangslehrer von Johannes Heesters und nicht zuletzt Franz Josef Strauß, einst Vorsitzender der CSU in Bayern.

Natürlich richtet er seine Speerspitzen gegen die aktuelle Politik: Da wird der Ministerpräsident von Bayern nicht bloß aufs Korn genommen, sondern unnachahmlich imitiert, die Auslandseinsätze der Bundeswehr als Fotografierausflug bezeichnet, "vorausgesetzt es ist hell". Aber: "Wo bleibt die Ehrlichkeit? Die Wahrheit wird immer geschickt verkauft."

Im Gewand des Heinrich von Horchen führte er die Demokratiedefizite im Bereich der Spionage herrlich ad absurdum, durch Wortverwechslungen und Aussprachekomik, bei Wörtern wie "Wachswalzen", die früher zur Aufzeichnung von Mitgehörtem angefertigt wurden, oder beim Namen "Obama", der ihm kaum über die Lippen kam. In der gleichen Rolle bekam auch die Kirche mit ihrer Praxis der Heiligsprechung und ihrem Reliquienkult ihr Fett ab.

Die Ehrlichkeit beim Gewinn von Urlaubsfahrten via Internet durch "Vivaldi Süd" mit exklusiver Hotelübernachtung war ebenso sein Thema wie die Geschäftemacherei der Banken, wo es keine Bankbeamten mehr gibt, sondern "Chiefinvestmentconsultingarschlöcher". Auf EU-Ebene war vom Digitalisierungskommissar als dem "Bildschirmschoner Europas" die Rede und dass die Lage in Griechenland "Draghi'sche Züge" hat. Natürlich durfte der "Gasableser von Putin" nicht fehlen.

Ein bekanntes Markenzeichen von Schleich ist seine Imitationskunst von Franz Josef Strauß, den er zunächst typisch selbstherrlich über sich und die Identifikation mit seiner Partei schwadronieren ließ, wo der Gang zur Wahlurne für die Bürger Bayerns noch eine "christlich-soziale Wahlfahrt war", bis dieser selbstkritisch preisgab, dass der Rückzug nach Bayern erst nach etlichen Wahlniederlagen auf Bundesebene kam.

Lachsalven beim Publikum produzierte Schleich mit seinem komödiantischen Talent bei der Darstellung des Besuchs einer modernen Theaterinszenierung, wo die Schauspieler Unverständliches brabbelten und Verrenkungen aus einer "Mischung aus Yoga und Bandscheibenvorfall" machten.

Den Rahmen des Abends bildete die Figur der "Bestie von Doddlbach", eines brutal ehrlichen Knastbruders, der, weil ihm einiges an seinen Mitbürgern nicht gepasst hat, diese einfach erschossen hat und demzufolge vor Gericht durch seine "Ehrlichkeit" keine mildernden Umstände zu erwarten hatte.

Nach langem Applaus gab Schleich noch eine geistreich-humorvolle "Zugabe", bei der er auf seine im Foyer zu erwerbenden Werke hinwies.

VON GERHARD TRÜG


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